Unsere Literaturempfehlungen
für lange , kalte Winterabende und zum Verschenken
Christian Ransmayr
Egal wohin Baby
256 S. 73 s/w-Fotografien des Autors, 28€
In Erinnerung an das klassische Fotoalbum, in dem unter oft unscharfen Bildern die Abenteuer des Augenblicks in Stichworten dokumentiert wurden, erzählt Christoph Ransmayr in »Egal wohin, Baby« siebzig zu Mikroromanen kondensierte Geschichten zu siebzig seiner Fotografien in Schwarz-Weiß. Jedes Foto eine optische Notiz, geschuldet der Zufälligkeit der Anwesenheit und im Vorübergehen aufgezeichnet mit einem Smartphone oder einer Digitalkamera. Jeder Text zum Bild wird zu einem in sich geschlossenen, ausgefeilten Stück Prosa: zu einem Mikroroman. Denn von Expeditionen in die Augenblicke der Wirklichkeit und in die Grenzenlosigkeit der Phantasie kann auch in wenigen Zeilen erzählt werden – zumal, wenn es mit der Beobachtungsgabe und der Formulierungskunst des welterfahrenen Christoph Ransmayr geschieht.
John Düffel, Ich möchte lieber nichts
-Eine Geschichte vom Konsumverzicht
208 S., 24€
Der erste Asket der Zukunft, der mir je begegnet ist, war eine Frau«, schreibt John von Düffel in seinem viel gelesenen Stundenbuch ‘Das Wenige und das Wesentliche’. Diese Frau, die Schottin Fiona, damals eine Philosophiestudentin, sucht er nun nach Jahrzehnten wieder auf. Im Gepäck hat er viele Fragen, die er mit ihr auf langen Stadtwanderungen in intensiven Gesprächen weiterdenkt: Wie leben wir richtig? Was ist das Wesentliche in einer Welt des Überflusses? Wie viel Konsumverzicht ist möglich? Und: Was hat das mit Freiheit zu tun? Zwei Tage verbringen sie zusammen in Edinburgh. Und es entwickelt sich daraus ein Gedankenaustausch über die zentralen Fragen unserer Zeit.
Aleida und Jan Assmann
Gemeinsinn – der sechste soziale Sinn
262 S, 25€
Dass Menschen mitfühlend und solidarisch sein können, bestätigen uns inzwischen die Neurowissenschaften. Dieser sechste, soziale Sinn braucht allerdings auch die Stütze einer entsprechenden «politischen Kultur». Aleida und Jan Assmann zeigen kulturelle Rahmenbedingungen für Gemeinsinn auf und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie.
Die gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Debatten sind von schroffen Alternativen geprägt: Brauchen wir universale Werte, oder müssen die Eigenarten unterschiedlicher Nationen und Kulturen anerkannt werden? Ist die Linderung von Not eine Sache des zivilgesellschaftlichen Engagements, oder befestigt man damit ungerechte Strukturen, die nur der Staat ändern kann? Aleida und Jan Assmann zeigen, dass solche Fragen falsch gestellt sind. Denn wir brauchen beides: universale Werte und den Respekt vor kollektiven Identitäten. Und zivilgesellschaftliches Engagement ist sehr wohl in der Lage, Strukturen zu verändern. Auf der Spur von Schlüsselbegriffen wie Solidarität, Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe, Empathie und Respekt und in der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Menschenbildern und Beziehungsstrukturen innerhalb und außerhalb Europas bestimmen sie neu, was Gemeinsinn sein kann. Sie fragen nach den Grundlagen einer demokratischen politischen Kultur und zeigen die Wirkungskraft von Gemeinsinn konkret an ermutigenden Beispielen von Schwimmbädern und Stolpersteinen bis hin zu Aufräumaktionen und Tafeln.
Francesca Melandri
Kalte Füße
288 S., 24€
In ihrem lang erwarteten neuen Buch verknüpft Francesca Melandri das Ende des Friedens in Europa mit einem verdrängten Kapitel italienischer Geschichte – und der Geschichte ihres eigenen Vaters: Was bedeutet Krieg? Und was kommt danach?
Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der»Rückzug aus Russland« hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt – auch in der Familie von Francesca Melandri. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Es ist vor allem die Ukraine, in der der Vater gewesen ist. Was hat er dort wirklich erlebt, warum war er überhaupt dort?Francesca Melandris »Kalte Füße« ist ein berührendes Zwiegespräch mit einem geliebten Menschen: ein unerschrockenes Buch über das, was der Krieg gestern wie heute in Körpern und Köpfen anrichtet, über das Erzählen als Überlebenskunst – und unsere historische Pflicht angesichts des Angriffs auf die Ukraine, die Stille zum Sprechen zu bringen.
Alina Bronsky
Pi mal Daumen
272 S., 24€ – Lieblingsbuch der unabhängigen Buchhandlungen
Sie begegnen sich zum ersten Mal in einer Vorlesung: Der hochbegabte Oscar ist 16, hat einen Adelstitel und ist noch nie mit der U-Bahn gefahren. Moni Kosinsky hat drei Enkel, mehrere Nebenjobs und liebt knalligen Lippenstift und hohe Absätze. Sie ist fest entschlossen, sich heimlich den Traum von einem Mathe-Studium zu erfüllen.
Doch im Hörsaal wird Moni für eine Putzfrau gehalten und belächelt. Wie kommt sie dazu, sich für eines der schwierigsten Fächer überhaupt einzuschreiben? Und woher kennt sie den berühmtesten Professor der Uni?
Bald muss nicht nur Oscar feststellen, dass Monis Verstand und Beharrlichkeit größer sind als ihre Wissenslücken. Denn Mathematik schert sich nicht um Fragen der Herkunft, des Alters und des Aussehens. Oscar dagegen kämpft mit dem Alltag und findet ausgerechnet in der warmherzigen Moni eine Vertraute, die seinem Leben eine entscheidende Wendung gibt. Bald verbindet die beiden Außenseiter eine Freundschaft, die niemand für möglich gehalten hätte.
Samantha Harvey
Umlaufbahnen
224 S., 22€, Booker Preisträgerin
Sechs Astronauten und Astronautinnen aus unterschiedlichen Nationen umkreisen in einer Raumstation die Erde. Was passiert, wenn man seine Heimat nur aus weiter Ferne durch ein kleines Fenster sieht? Wie verändern sich Denken und Fühlen? In dem Zeitraum von nur einem Tag, während die Sonne sechzehnmal auf- und untergeht, betrachtet dieser ungewöhnliche, kraftvoll poetische Roman die großen und kleinen Fragen der Menschheit und bringt uns der Schönheit des Universums ganz nahe
Martina Hefter
Hey guten Morgen, wie geht es Dir?
Buchpreisträgerin
224 S. , 22€
Tagsüber hilft Juno ihrem schwerkranken Mann Jupiter dabei, seinen Alltag zu meistern. Außerdem ist sie Künstlerin, tanzt und spielt Theater. Und nachts, wenn sie wieder einmal nicht schlafen kann, chattet sie mit Love-Scammern im Internet. Martina Hefter hat einen berührenden, tiefgehenden Roman über Bedürfnisse und Sehnsüchte im Leben geschrieben. Und darüber, wie weit man bereit ist, für die Liebe zu gehen.
Juno schreibt online mit Männern, die Frauen online ihre Liebe gestehen und so versuchen, sie um ihr Geld zu bringen. Doch statt darauf hereinzufallen, werden genau diese Männer zu einer Form von Freiheit für Juno. In den Gesprächen kann sie sein, wer sie will und sagen, was sie will – und das vermeintlich ohne Konsequenzen. Ganz im Gegensatz zu ihrem sonstigen Leben, in dem sie immer unterwegs, immer besorgt um Jupiter, immer beschäftigt und eingebunden ist. Also flüchtet Juno ab und zu vor ihrem Alltag ins Internet und spielt dort Spielchen mit Männern, die sie anlügen. Sie selbst wird zur Lügnerin. Aber ist es nicht so, dass man sich beim Lügen zuallererst selbst belügt? Eines Tages trifft Juno auf Benu, der ihre Behauptungen ebenso durchschaut wie sie seine. Und trotz der Entfernung zwischen ihnen entsteht eine Verbindung.
Maria Piwowarski (Hsg.) Und ich – 20 Geschichten über Wendepunkte des Lebens
272 S., 22€
Mit literarischen Beiträgen von Gabriele von Arnim, Zsuzsa Bánk, Marica Bodrozic, Isabel Bogdan, Ann Cotten, Mareike Fallwickl, Julia Friese, Olga Grjasnowa, Claudia Hamm, Stefanie Jaksch, Rasha Khayat, Christine Koschmieder, Jarka Kubsova, Daria Kinga Majewski, Maria-Christina Piwowarski, Judith Poznan, Slata Roschal, Caca Savic, Clara Schaksmeier und Simone Scharbert
Unsere Leben verlaufen längst nicht so linear, wie wir sie uns und anderen oft erzählen. Spätestens in der Lebensmitte verlieren sich viele Menschen im Dickicht vergangener und zukünftiger Möglichkeiten, finden sich plötzlich in Sackgassen wieder, wo eigentlich Weggabelungen sein sollten. Insbesondere Frauen sehen sich mit gesellschaftlichen Hindernissen konfrontiert, wenn sie von vorgezeichneten Pfaden abweichen und einen Neuanfang wagen.
Die Anthologie Und ich – erzählt von Momenten des Innehaltens, in denen alles auf den Kopf gestellt wird, um am Ende wieder geradegerückt zu werden. 20 Autorinnen schildern darin ganz unterschiedliche Lebenswege, die früher oder später jedoch alle in einem Wendepunkt mündeten, in einer alles verändernden Entscheidung. 20 Texte, die inspirieren und ermutigen, aber auch verstören und aufrütteln. Und die zeigen, dass es nie zu spät ist, dem eigenen Leben eine neue Richtung zu geben.
Jaroslav Rudis
Weihnachten in Prag
96 S., mit zahlreichen Abbildungen, 16€
Weihnachten, Heiligabend. Wahrscheinlich der ruhigste Tag des Jahres in Prag. Jaroslav Rudis zieht durch die Metropole an der Moldau. Es schneit, es ist kalt, und die Straßen sind leer gefegt. Und doch begegnen einem überall die alten und neuen Geschichten dieser Stadt. Rudis wartet auf seine Freunde und kehrt in der Zwischenzeit in einige Wirtshäuser ein. Hier trifft er bei frisch gezapftem Bier drei einsame Gestalten: Kavka (genannt: Kafka), den König von Prag und eine Italienerin aus Mailand. Sie alle erzählen von diesem besonderen Tag des Jahres. Von leuchtenden Birnen und wärmenden Händen, von Karpfen in Gurkengläsern, aus deren Augen noch die verstorbenen Bewohner der Stadt glotzen, und vom Christkind, das jedes Jahr in dieselbe Kneipe kommt und sich mit der ratternden Straßenbahn wieder davonstiehlt. Bei seinem Weihnachtsspaziergang wird Jaroslav Rudis von seinem besten Freund Jaromír 99 begleitet, der diese magische und auch tragikomische Wanderung durch das verschneite Prag illustriert hat.